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Giftmüllskandal oder maßlose Übertreibung ?

Sonder-Bürgerversammlung in Prichsenstadt

 

Über 200 Gäste aus Prichsenstadt und den umliegenden Gemeinden waren dem Aufruf zur Bürgerversammlung gefolgt. Das Interesse war groß, ging es doch um ein Grundstück im Gewerbegebiet, auf dem Schlacke verfüllt wurde, die giftige Rückstände enthalten soll. Nun, so die Befürchtung, trete verunreinigtes Sickerwasser aus. Von Salzen, war die Rede, von Schwermetallen und von Asbest.

 

Die Fragen sollten, so Bürgermeister Adolf Falkenstein „neutral und amtlich“ beantwortet werden. Landrätin Tamara Bischof versprach eine „sachliche und objektive“ Beurteilung. Bei ihren einleitenden Worten sprach die Landrätin auch von Schadenersatzansprüchen in Richtung der Interessengemeinschaft Schlackendeponie und von einer Strafanzeige wegen Verleumdung, die sie erhoben hatte. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen anders aus.
Mit den Worten „Ich bin nur Jurist, kein Ingenieur“ übergab sie das Wort an die Sachgebietsleiter mehrerer Ämter.
Es folgte nun eine Aufklärung in Sachen Baurecht, Wasserqualität, Baumgesundheit, Gesundheitsrisiken und Maßnahmen zur Sicherstellung der Unbedenklichkeit des Sickerwassers. Die Behördenleiter blieben in ihren Aussagen sachlich, die Botschaft war klar: Es bestehe keinerlei Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger. Lediglich der Leiter des Gesundheitsamtes sorgte für Erheiterung, als er die erheblich erhöhten Werte an Natrium, Calcium und Kalium mit dem Heilwasser nordbayerischer Kurorte verglich. Es schien, als ob jede Kritik am Vorgehen der Behörden unberechtigt sei.

 

In der nun folgenden Aussprache wurden jedoch einige Vorwürfe erhoben, die gar nicht zur heilen Welt passen wollten. Nicht nur Thomas Schultes, der Sprecher der Interessengemeinschaft Schlackendeponie, und der von ihm beauftragte Rechtsanwalt Jochen Hoffmann-Hoeppel, sondern auch mehrere Bürger äußerten die Befürchtung, dass sich unter der Asphaltdecke hochgiftige Schadstoffe befänden. Die Analyse einer Probe, die von Schultes vor Aufbringung der Asphaltdecke entnommen wurde, enthielt erheblich höhere Werte als die Analysen des Sickerwassers am Fuß der Aufschüttung. Diese Probe wurde von den Behörden nicht in ihre Überlegungen einbezogen, da sie nicht von ihnen selbst genommen wurde.

 

Nach zwei langen Stunden gab Axel Bauer vom Wasserwirtschaftsamt plötzlich zu, dass die Wasserschutzpolizei über die Wasserverunreinigung informiert sei, und dass die Staatsanwaltschaft ermittle. Zu den laufenden Ermittlungen könne man sich nicht äußern. Es wurde auch erwähnt, dass dem Grundstückseigentümer Auflagen gemacht wurden und erhebliche Zwangsgelder angedroht wurden. Es handelte sich „im Wesentlichen“ um Abdichtungsmaßnahmen. Gab es da auch noch andere Dinge zu beanstanden, über die man schwieg? Die meisten Wortmeldungen setzten sich kritisch mit den Informationen der Behördenleiter auseinander, bis Michael Glos jr. das Mikrophon ergriff und beschwichtigend meinte: „Hier sitzt die grundstaatliche Ordnung. Entweder wir akzeptieren das oder wir führen Anarchie ein.“ Man fragt sich, wo Herr Glos jr. sein Demokratieverständnis gelernt hat.
 „Hier sitzt die grundstaatliche Ordnung. Entweder wir akzeptieren das oder wir führen Anarchie ein.“ 
Für einen unvoreingenommen Bürger entstand der Eindruck einer Verwaltung, die sachlich kompetent ihren Aufgaben nachkommt, die aber begründeten Vorwürfen nicht übermäßig ehrgeizig auf den Grund zu gehen versucht. Es entstand aber auch der Eindruck, dass das Krisenmanagement von Politikern verbesserungswürdig ist.

 

Wenn Politik und Verwaltung das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen wollen, sollten sie der Einrichtung eines einsehbaren Kontrollschachtes hinter der Deponie zustimmen und die Asphaltdecke für eine Analyse des darunter liegenden Bodens öffnen. Nur so können alle Vorwürfe ausgeräumt werden.