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Neue Pollenmessstation auf dem Dach der Klinik installiert

Seit 10. März 2015 wird auch an der Klinik Kitzinger Land die Pollenbelastung gemessen. Damit ist Kitzingen einer der wenigen Standorte in Bayern, der rechtzeitig zum Start der Pollensaison nützliche Informationen für Allergiker mit einer sog. Pollenfalle beisteuert. Bereits in der Pilotphase soll die bayerische Bevölkerung von den Pollendaten durch qualitativ bessere und zeitnahe Pollenwarnungen profitieren.

Angesichts der höheren Anzahl an Allergikern in Süddeutschland ist ein flächendeckendes Netz an Messstationen notwendig. Ca. 25% der Bevölkerung und insbesondere in Süddeutschland sind 34,9% von Allergien betroffen, Tendenz steigend. Als Ursachen für den Anstieg nennt Prof. Jeroen Buters vom Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM), einem Institut an der TU München und des Holmholz Zentrums, den Klimawandel sowie vermehrt auftretende hoch allergene nicht-heimische Pflanzen, die zunehmend hierzulande einwandern. Bekannt ist u. a. in diesem Zusammenhang der seit 1990 verstärkt auftretende Ambrosia artemisiifolia, bekannt auch als Traubenkraut und Beifuß-Ambrosie.

Klinik Kitzinger Land fördert nicht kommerzielles Projekt des Zentrum für Allergie und Umwelt (ZAUM)

Um die Pollenbelastung zu messen, sind entsprechende Messstationen, sogenannte Pollenfallen nötig. Die Pollenfallen sammeln vielfältige Baum-, Gräserpollen und Sporen. Aber die Abdeckung mit Pollenfängern ist geringer als man erwarten möchte: Seit 2010 ist das „Pollen-Messnetz“ des ZAUM von sechs Stationen auf drei in Erlangen, Bamberg und Zusmarshausen geschrumpft. Trotz der offiziellen PID-Stationen in München und Munnerstadt sowie der privaten Station in Oberjoch kann von einem engmaschigen Netz nicht mehr die Rede sein.

Wechsel des beprobten Klebesteifen mit den Pollen
Wechsel des beprobten Klebesteifen mit den Pollen
Die Pollenfalle im Detail.
Die Pollenfalle im Detail
Einbau eines neuen Klebestreifen
Einbau eines neuen Klebestreifen
Versand ins Labor zur Mikroskopischen Auswertung
Versand ins Labor zur Mikroskopischen Auswertung

Hier möchte nun das ZAUM aktiv gegensteuern. Zunächst sollen laut Herrm Dr. Buters (ZAUM) 24 Stationen in Bayern aufgestellt und für ein Jahr betrieben werden. Aus diesen Stationen werden dann jene Stationen herrausgefiltert, die eine hohe Datenqualität und eine entsprechende Relevanz haben.

„Kitzingen ist da ganz vorne mit dabei: auf dem Dach der Klinik haben wir kaum Bodenstäube, die zum Beispiel bei Ackerarbeit oder Grasschnitt anfallen.“,

so Dr. Pfeiffle zu seinem Standort.

Außerdem soll mit dem Projekt herrausgefunden werden, wie groß die nötige Dichte eines solchen Messnetzes wirklich ist. Wenn das feststeht, kann das für die Station in Kitzingen 2 Dinge bedeuten:

„Entweder sie wird abgebaut oder zu einer vollautomatischen Messstation aufgerüstet. Wir evaluieren, wie das Messnetz später aussehen soll, dazu bauen wir erstmal ein paar Stationen zu viel und überlegen dann anhand der Daten eine sinnvolle Netzgröße. Aber in Marktheidenfeld ist auch ein Standort.“

so Dr. Buters. Derzeit ist die Station technisch relativ simpel augebaut:

„Das ist ein ‚Volumenkontrollierter Pollensammler‘, also ein Gerät, das einen fest eingestelltes Volumen Luft in einem Messintervall ansaugt und im rechten Winkel gegen ein Klebeband bläst. Die Pollen sind als Partikel so schwer, dass sie einfach senkrecht auf das Klebeband fliegen und nicht mehr vom Luftstrom abgelenkt werden können. Das gibt es seit 1952. Aber es ist auch mehr als ein Messbecher: Wir wollen schon wissen, wie viel Pollen pro Kubikmeter Luft enthalten sind, denn dass merkt der Alergiker. Der Klebestreifen wird einmal in der Woche im Labor untersucht.“

Problem der bisher geringen Versorgung mit Pollenfängern: Für jede Station werden Betreuer benötigt und die Stationen müssen ständig händisch betreut werden. Ausscheiden aus Altersgründen sowie Nachwuchsmangel bei der Betreuung von Messstationen haben zur geringen Abdeckung mit Stationen beigetragen, so das ZAUM.

„Wir sehen uns als zentraler Gesundheitsstandort im Landkreis in der Verantwortung dieses Projekt zu unterstützen. Wenn wir mit geringem Aufwand dazu beitragen können, dass sich in den kommenden Jahren die Vorhersagequalität verbessert, dann hat es sich schon gelohnt“,

so Dr. Uwe Pfeiffle von der Klinik Kitzinger Land.

Einmal wöchentlich und immer zur gleichen Zeit wechselt die Haustechnik der Klinik ab sofort die Proben und schickt sie in bereits adressierten Probenpaketen zum ZAUM an der TU München. Im Labor werden die beprobten Bänder für die mikroskopische Auszählung der Pollenspezies präpariert und mittels rechnerbasierter Verfahren zu Pollenvorhersagen hochgerechnet.

Der Nutzen für die Allergiker

Gerade in den Belastungszeiträumen können Diagnosen von Atemwegs­erkrankungen mit hochwertigen Polleninformationen abgeglichen werden.

„In der Hauptblütezeit des Allergens können sich unsere Allergiker rechtzeitig einstellen. Parallel zur klassischen Allergiebehandlung können wir zusammen mit den Patienten, der sich in extremen Belastungszeiten gezielt der Belastung entzieht, auch langfristigen Folgeerkrankungen wie dem Asthma Bronchiale entgegenwirken“,

so Pfeiffle. Trotz aller Euphorie über die neue Messstation:

„Für die Klinik ist das vor allem ein Beitrag zur Forschung, wenn da etwas rauskommt, dass wir in der Behandlung verwenden können, freuen wir uns natürlich.“

Pollen-App bietet Abgleich zwischen Pollenflug und Allergiesymptomen

Aber auch das ZAUM arbeitet mit der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID) an einem anderem Projekt. So wurde beispielsweise eine Pollen-App bzw ein webbasierendes Allergiker-Tagebuch programmiert. Hier können Allergiker Ihre Symptome festhalten und sobald Pollendaten zur Verfügung stehen, mit den jeweils vorherrschenden Konzentrationen an Pollen abgleichen.

So können Allergiker ihre individuelle Konzentration von bestimmten Pollen herrausfinden, ab denen sie sich vor dem Pollenflug besser schützen sollten. Am besten erklärt dieses Video die Funktionsweise:

In der App wird auch eine Pollenvorhersage angeboten, doch die basiert nur auf sehr wenigen Pollenmessstationen.

„Die App interpoliert zwischen den verschiedenen Stationen, aber defakto wissen wir, dass teilweise einzelne Stadtteile unterschiedliche Pollenbelastungen haben können.“

erklärt Prof Bergmann (PID). Eine Antwort auf die Frage, wie stark die Vorhersage der Pollenkonzentration später von der tatsächlichen Konzentration abweicht weiß er auch nicht. Nur: Je besser das Messnetz, desto exakter.

Bayerisches Pollenmessnetz vorraussichtlich 2017 Thema im Landtag

Sobald das ZAUM Standorte validiert hat und die Netzgröße feststeht, soll der bayerische Landtag über die Errichtung und den Betrieb eines Messnetzes enscheiden. Dr. Bluters wünscht sich hier, dass der Landtag das „Schweizer Modell“ übernimmt: Ein öffentlicher Betrieb des Messnetzes biete einfach die höchste Zuverlässigkeit – und es gehe hier um die Gesundheit und Lebensqualität vieler Menschen. Die Daten dieses Messnetzes würden dann – sofern der Landtag grünes Licht gibt – über die Pollen-App den Allergikern direkt zugänglich.

Bilder: Klinik Kitzinger Land.