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Marshall Heights-Eigentümer Wittmann legt Pläne offen

Der neue Eigentümer der ehemaligen Militärsiedlung Marshall Heights legt nun in einem Schreiben an die Stadt seine Pläne offen. Das Konzept sieht 8 Blöcke für Würzburger Studenten, 6 Blöcke für Mehrgenerationenwohnen und die Texashäuser als bezahlbaren Wohnraum für Familien mit Kindern vor. Der Stadt Kitzingen macht Wittmann dabei große Zugeständnisse.

In einem Gespräch am 25.02.2014 traf sich der neue Eigentümer der ehemaligen Militärsiedlung Georg Wittmann mit dem Oberbürgermeister der Stadt Kitzingen, so ein Schreiben aus dem Sekretariat seiner Immobilienentwicklungsgesellschaft. Wie abgesprochen, übergebe er nun der Stadt seine Vorstellungen zu den Marshall Heights.

Familienfreundliches Wohnen in den „Texas-Häusern“

Den Beginn will Wittmann im Westen machen, bei den „Texas-Häusern“, die die Stadt der Renaturierung zurückführen will:

„Die Verwertung und Vermarktung der Liegenschaften soll im Westen der der Marshall Heights beginnen. Die 30 Doppelhaushälften und 73 Einfamilienreihenhäuser [Karte siehe 1] einschließlich des unmittelbar daneben liegenden Kindergarten [Karte siehe 4] sollen entgegen dem Mehrheitsbeschluss (16:11) des Stadtrates v. 14.11.2013 erhalten bleiben. Sie sollen vorwiegend nach evtl. erforderlich werdenden Sanierungen, wobei Eigenleistungen der neuen Eigentümer möglich sind, für junge Familien vorgesehen werden.“

Damit stellt sich Wittmann diametral gegen den Beschluss des Stadtrats. Doch die Häuser sind eine tolle Grundlage für eine Familiengründung: Mitten im Grünen, verkehrsgünstig gelegen, große Flächen für die Kinder zum Spielen drumherum. Und obendrein einen Kindergarten oder eine Kinderkrippe in Gehweite. Es fehlt nicht viel für junge Familien um gut zu starten.

Konzeptplan Wittmann
Konzept Wittmann Bereich 1 (orange) und 4 (magenta)

Die von dem Stadtrat in seinem Mehrheitsbeschluss angestrebte Renaturierung ist hingegen keine attraktive Aussicht: Weder einen signifikanten Zuzug könnte Kitzingen gewinnen, noch eine attraktive Freizeitfläche. Bereits in den Oberen Anlagen, wo rutschiges Laub über Monate hinweg die befestigten, aber durchaus steilen Wege nicht gefahrlos passierbar macht, kann man sehen, dass eine Renaturierung nur einen geringen Freizeitwert bieten wird, wenn diese Flächen nicht gepflegt werden. Aber die Pflege der vorhandenen Grünanlagen ist derzeit schon knapp bemessen, zum Beispiel spart man sich neben der Wegreinigung auch abends den Betrieb der vorhandenen Leuchten in den Oberen Anlagen; Spazieren oder den Hund ausführen empfiehlt sich somit nur während der Tageszeit oder mit Taschenlampe. Eine Option scheint die Renaturierung bei der Verheißung, den Kaufpreis auch noch mal durch Eigenleistungen bei der Sanierung drücken zu können, eigentlich für Familien nicht mehr.

Innovative Wege bei der Bildung von Wohneigentum

Für weniger kaufkräftige Familien sollen ebenso 2 Blocks als Mehrfamilienhäuser zur Verfügung gestellt werden:

„Die anschließenden Mehrfamilienhäuser [Karte siehe 3] sollen als Miet- oder Eigentumswohnungen vermarktet werden. Hier soll Eigentumsbildung zu möglichst günstigen Konditionen ermöglicht werden. Um das Interesse am Erwerb von Wohnungseigentum zu steigern ist vorgesehen, in den oberen Geschossen Preisnachlässe für Familien mit Kindern einzuräumen. Bei evtl. erforderlichen Sanierungsarbeiten sollen durch Eigenleistungen eine Preisreduzierung ermöglicht werden.

Für Neubürger, die ihre Eigentumswohnung selbst nutzen, ist eine Umzugskostenbeteiligung vorgesehen.“

Die Idee, einen Verkauf auf Zeit anzustreben anstatt eine Kaufsumme zum Stichtag zu nehmen, ist brilliant und könnte ein Novum in der Wohnungsvermarktung in Unterfranken sein. So werden Banken komplett ausgespart und die zinsbasierte Finanzierung des Wohnungskaufs entfällt. Doch dieses Angebot kann sich auch genauso schnell wieder erledigt haben: Wenn die Zinsen für Immobilienkredite bis zur Vermarktungsreife sich stark geändert haben, könnte dieses Angebot auch nicht mehr darstellbar sein.

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Mit dem Umzugsbonus für Neubürger, welche die Wohnung auch selber nutzen, wird zudem der Erwerb der Wohnung und eine Vermietung an Dritte vermieden; alles in allem also ein Absacken des Wohnniveau auf „Sozialer Brennpunkt“ ausgeschlossen. Denn wer seine Wohnung besitzt, kann sich bereits zur Mittelschicht zählen. Ebenfalls verhindert die Begrenzung des Umzugsbonus auf Neubürger einen Anreiz an Kitzinger, aus der Siedlung oder der Innenstadt in die Marshall Heights zu ziehen. Dieser clevere Mechanismus schützt den restlichen Bestand vor einer großen Entmietungswelle. Damit sendet der Marshall-Heights-Eigentümer das klare Signal an die Stadt, nicht rücksichtslos, sondern äußerst umsichtig zu entwickeln.

Eigenes Studentenviertel in Kitzingen

Eine Nutzung durch Studenten sieht Wittmann in gleich 8 Blocks in seinen Marshall Heights vor. Die verkehrliche Nähe legt dies Nahe:

„Die Mehrfamilienhäuser [Karte siehe 5] sind im Hinblick auf die ständig steigende Studentenzahl an der Uni Würzburg und der kurzen Entfernungen auf der B8 zu den Lehrsälen im Hubland für Studentenwohnungen vorgesehen. Durch entsprechende Werbung, insbes. aber durch eine entsprechende Mietpreisgestaltung im Vergleich zu den hohen Mietpreisen in Würzburg, ist sicherlich mit einer guten Nachfrage und Belegung zu rechnen.“

meinkitzingen.de schätzt damit die Anzahl der Studenten, die in Kitzingen leben werden, auf 400-500 ein, da sich die Wohnungen spalten lassen oder diese von kleineren Wohngemeinschaften mit mehr als einem Studenten bezogen werden. Dies bedeutet, dass Kitzingen sich der Kaufkraft von 400 bis 500 jungen Menschen bereichert und diese aus Würzburg abzieht. Aus Sicht eines Studenten könnte dabei sogar noch mehr übrig bleiben: Hat der Student beispielsweise Kinder, so ist ein Kindergarten bzw. eine Kindergrippe [siehe Karte 4] schon ins Viertel integriert. Ein Abbruch des Studiums aufgrund einer frühen Familiengründung ist somit als Grund für einen Studien-Abbruch ausschließbar oder kann zumindest abgemildert werden. Damit bleiben mehr Absolventen und somit mehr Fachkräfte.

Aber auch für kinderlose Studenten geht die Rechnung am Ende wahrscheinlich auf: Die Pendelkosten von Kitzingen nach Würzburg lassen sich durch niedrigere Mietpreise voll ausgleichen. Und wahrscheinlich fallen die Preise für den Verkehr nach Würzburg gar nicht so hoch aus, denn aufgrund der schieren Anzahl an Studenten ist die Selbstorganisation und die Bildung von Fahrgemeinschaften sehr wahrscheinlich.

Großzügiges Angebot an die Stadt: Eine Veranstaltungshalle

Nach den Querälen um die Deusterhalle, welche nun keine Mehrzweckfunktion haben wird, erklärt Wittmann in seinem Schreiben:

„Hinsichtlich der Bowlinghalle [Karte siehe 2] bin ich jederzeit zu Verhandlungen mit der Stadt bereit. Möglicherweise lässt sich hier hier das seit Jahren diskutierte und heute noch ungelöste Problem einer Veranstaltungshalle in einem für die Stadt vertretbaren finanziellem Rahmen lösen. Ich darf Ihnen meine Unterstützung zusagen.“

Schade ist nur, dass der Oberbürgermeister derzeit gar kein Mandat des Stadtrates dazu hätte, mit Herrm Wittmann in dieser Sache zu verhandeln. Denn mit der Ablehnung der Deusterhalle als Mehrzweckhalle, verabschiedete der Stadtrat auch, dass es an keiner anderen Stelle derzeit eine Planung oder Verhandlungen für eine Veranstaltungshalle geben sollte.

Mögliche Veranstaltungshalle
Mögliche Veranstaltungshalle direkt an der B8

Aber selbst, wenn die Stadt mal wieder über ihre eigenen Füße fällt: Eine Bowlinghalle dürfte auch die 400 bis 500 Studenten erfreuen. Es müsste dann nur ein Pächter gefunden werden. Dass Herr Wittmann hier erneut die Stadt trotz des schwelenden Konfliktes um das Planungsrecht berücksichtigt, sollte der Stadtrat zu würdigen wissen.

Privatschule in den Marshall Heights?

In den Marshall Heights befand sich ebenfalls eine Schule. Hinsichtlich dieser Gebäude bleibt das grobe Entwicklungskonzept von Herrn Wittmann jedoch noch etwas vage:

„Die von der Stadt beim Umbau der Dr-Paul-Eber-Schulevorrübergehend genutzt Schule mit Turnhalle [Karte siehe 7], sollte für derartige Zwecke bereit gehalten werden. Möglicherweise könnte auch die Nutzung als Privatschule in Betracht kommen. Konkrete Vorstellungen meinerseits bestehen noch nicht.“

Verkauf der Sahnestückchen an die Stadt

Die Stadt hatte sich für einen kleinen Teil der Marshall Heights im Bieterverfahren beworben [Karte siehe 10]. Da jedoch die Abnahme des gesamten Geländes von der Bima vorgegeben war, schied sie aus. Doch nun könnte sie dennoch jene Flächen erhalten, die für die sie sich einst interessierte:

„Die Teilflächen, an deren Erwerb sich die Stadt im öffentlichen Bieterverfahren beteiligt hat, bin ich, unter Wahrung meiner Interessen, bereit an die Stadt zu veräußern.“

Dieses Signal zeigt deutlich, wie sehr der neue Eigentümer eine Strategie der Deeskalation mit der Stadt bemüht. Da er seine Interessen an den Marshall Heights im Rest des Schreibens präzise ausführt, bedeutet dies: Lasst mich die gesamten Marshall Heights entwickeln, dann könnt Ihr das Sahnestück haben. Man kann es als Vermessen betrachten, wenn der SPD-Ortsverband fordert, Rückstellungen für die Beschreitung des Klagewegs in den Finanzhaushalt der Stadt einzustellen, solange eine solche Kompromissbereitschaft vorhanden ist.

"Sahnestück" für die Stadt
„Sahnestück“ für die Stadt

Mehrgenerationenhäuser in den Heights

In 6 Blocks will der Eigentümer das Konzept der Mehrgenerationenhäuser aufleben lassen [Karte siehe 6]. Mehrgenrationenhäuser sind Wohnungen, die gemischt durch alle Generationen von Jung bis Alt belegt werden und gemeinsame Treffpunkte schaffen. So können gesellschaftliche Synergieeffekte entstehen: Um die Älteren ist immer was los, sie bauen nicht so schnell ab und auch das Gefühl, auf „den Kompost“ ins Altenheim geworfen worden zu sein entsteht nicht, da man immer noch Mitten in der Gesellschaft lebt. Die jüngeren Bewohner können hingegen davon profitieren, dass Nachbarn, die viel Zeit haben und sich noch engagieren wollen, Angebote wie Nachhilfe oder andere Nachbarschaftsleistungen erbringen. Mit dem speziellen Fokus auf Senioren sollen insbesondere die Bedürfnisse der häuslichen Pflege bei der Sanierung berücksichtigt werden.

Zusammen mit den familienfreundlichen Wohnungen drumherum und den Studentenwohnungen entsteht somit etwas wie ein „Mehrgenerationenstadtviertel“, quasi eine neue Skalierung des Konzeptes. Oder wenn man so will: Ein Viertel in dem man von Geburt bis Tot leben kann.

Alle Beiträge zum Thema “Marshall Heights” finden sie hier.