Skip to content Skip to footer

Ladesäulen in Kitzingen – Der Schuss ins Knie der eigenen Gastronomie

In Kitzingen gibt es einige Ladesäulen. Die einen sind notorisch zugeparkt, die anderen nur für Einheimische. Mein Kitzingen sprach mit dem Elektromobilisten Karl Kühn über Ladestationen und deren Potential für Kitzingen.

Es ist 8 Uhr in der früh. Auf der Durchfahrt kommt ein befreundeter Elektromobilist von Karl an Kitzingen vorbei, er fährt gen Urlaub am Ammersee mit seinem Elektroauto. Da Kitzingen ohnehin eine sehr verkehrsgünstige Lage hat, ist es klar, dass sich die beiden Elektromobilisten treffen wollen, denn das Elektroauto ist mehr als nur ein Vehikel, es ist ein bisschen Ihre gemeinsame Leidenschaft: „Wenn man die Beschleunigung spürt, dann braucht man keinen dröhnenden Motor mehr. Das macht echt Spaß, elektrisch und leise zu Fahren. Ein Zurück zum Verbrenner gibt es nicht mehr.“, erklärt Karl. Er fährt seit einem dreiviertel Jahr einen dunkelroten Nissan, hat problemlos 6000 km gefahren und dabei an 32 verschiedenen öffentlichen Ladestationen in 5 verschiedenen Bundesländern geladen.

„Die Zeiten als Elektroautos irgendwas aus der Zukunft oder nur mal für um die Ecke sind, gehören längst der Vergangenheit an.“

Die beiden Elektromobilisten treffen sich an der Ladesäule der LKW. Die Ladesäule steht im Hinterhof vom Kapuzinerkloster an einer Trafostation der LKW. Dort kann man, wenn man eine Chipkarte hat, sein Auto aufladen. Problem an diesem Morgen war etwas, dass zwar selten aber immer öfter in Kitzingen eintritt: Beide Ladeanschlüsse waren belegt, insgesamt standen gleich 4 Elektroautos um die Ladestation. Außerdem und viel schlimmer noch: Die LKW vergibt ihre Ladechips nur an Einheimische, die ihr Auto im Landkreis zugelassen haben. Die beiden hätten rund eine halbe bis ¾ Stunde den Renault des befreundeten Elektromobilisten, an der Ladestation stehen gelassen, so lange dauert ein Ladevorgang mit 22 kW elektrischer Leistung nämlich. „Das wäre perfekt gewesen, um kurz am Markplatz einen Kaffee zu trinken, etwas zu bummeln und dann weiterzufahren.“ Die Registrierungspolitik der LKW kommentiert Karl so: „Eigentlich doof, dass die Kitzinger nicht verstehen, dass so eine Steckdose Geld von der Autobahn runterwinken kann und in die Innenstadt bringen könnte. Die meisten haben typische Ladezeiten von 1-3 Stunden, man lädt ja nicht erst, wenn man ganz leer ist. Da plant man schon mal ein Essen oder Museumsbesuch ein. Die Zeiten als Elektroautos irgendwas aus der Zukunft oder nur mal für um die Ecke sind, gehören längst der Vergangenheit an.“

Bild: Der Elektro-Nissan von Karl Kühn auf großer Tour, hier im Schwarzwald. Foto: Karl Kühn.
Der Elektro-Nissan von Karl Kühn auf großer Tour, hier im Schwarzwald. Foto: Karl Kühn.

Die beiden Elektromobilisten versuchen es dann erneut an einer anderen Ladesäule: Am Ende der Fußgängerzone, gegenüber von der alten Mainbrücke steht eine Ladesäule von Belectric drive, sogar einem Kitzinger Hersteller von Ladesäulentechnik. „Im Gegensatz zur LKW, kann man hier über plugsurfing laden.“, berichtet Karl. Das Interessante an bundesweiten Roaminganbietern wie beispielsweise „Plugsurfing“ (Ladesäulen in Kitzingen) oder „TheNewMotion“ (keine öffentlichen Ladesäulen in Kitzingen) ist, dass man eine Chipkarte hat und damit an sehr vielen Ladesäulen unterschiedlichster Betreiber in Deutschland laden kann. Am Ende des Monats wird der Gesamtbetrag vom Konto abgebucht. „Das ist sehr sehr Nutzerfreundlich und einfach gemacht. Grundgebühren oder eine umständliche Registrierung gibt es nicht. Da hat jemand den Bedarf verstanden.“ Auch aus Betreibersicht spart das viel Aufwand, denn eine eigene Abrechnung entfällt.

Doch auch an dieser Ladesäule haben die Beiden kein Glück: Der Stellplatz ist von Verbrennerfahrzeugen zugeparkt und die Ladesäule hat nur 3,7 kW elektrische Leistung, die mit einer Schuko-Steckdose entnommen werden kann. „Von der Schukosteckdose kann zwar jedes Fahrzeug laden. Aber das dauert aufgrund der Maximalleistung von 3,7 kW ewig.“, erläutert Karl. „Einmal volltanken dauert dann schonmal 5 Stunden, so lange will keiner an einen Ort gefesselt sein. Das ist eher nur etwas für Kleinstfahrzuge oder Elektrobikes.“

Bild: Die Amaturen zeigen einen halb leeren Akku des Autos nach einer Fahrstrecke von 90 km.
Nach der Fahrt von Kitzingen nach Bamberg ist der Akku erst halb leer. Mit modernen Elektroautos werden Fernfahrten möglich. Foto: Karl Kühn.

Enttäuscht ziehen die beiden weiter. Nächstes Ziel ist der Innopark. Hier stehen etliche Ladesäulen, da im Innopark elektrische Fahrzeuge für den werksinternen Verkehr eingesetzt werden. Fast alle Ladesäulen von Belectric drive sind auch auf Plugsurfing zu finden, auch jene, die im geschlossenen Bereich des Innoparks liegen und somit für die beiden Elektromobilisten nicht erreichbar sind. Endlich kann geladen werden, doch auch hier hat die Sache einen kleinen Haken: Statt mit der im Internet ausgelobten Leistung von 22 kW (32 A, Drehstrom) kann man hier nur mit 11 kW (16 A Drehstrom) laden. „Wenn man auf der Durchreise ist, ist eine halbe Stunde warten ja ganz nett. Aber eine Stunde in einem Gewerbegebiet rumzustehen kann man Durchreisenden auch nicht zumuten.“, findet Karl. Um seinen Freund irgendwie weiterzuhelfen werden an der Ladesäule im Innopark unter dem Solar-Carport einige Prozente der Batterie ergänzt. Für den Fuldaer Elektromobilisten geht es danach zum Laden nach Schlüsselfeld zum Mitsubishi-Händler. „Dort steht eine Ladesäule mit 2 Steckdosen für 22 kW und die beiden Ladeplätze werden extra freigehalten. Der Händler hat es verstanden, Leute anzuziehen, denn während draußen das Auto lädt, hat er Laufkundschaft in seinen Verkaufsräumen und wenn nicht er sind es die Gaststätten im Ort.“, resümiert Karl. „Außerdem erhält der Händler auch hier auch die Stromkosten über die Roaminganbieter zurück.“.

„Bei einer Parkbank fragt auch keiner nach den Betriebs- und Anschaffungskosten, sondern die wird einfach bezahlt und aufgestellt.“

Zum Schluss meint Karl: „Es ist schade, wenn es so dermaßen versäumt wird, vom Verkehr auf den beiden Autobahnen und der B8 an Kitzingen vorbei zu profitieren. Da fahren bestimmt 70.000 PKWs am Tag vorbei und je höher der Anteil der Elektroautos wird, desto höher der Ladebedarf in Kitzingen. Auch Fernfahrten werden heute schon mit Elektroautos unternommen. Eine Ladesäule nur für heimische Fahrer aufzustellen ist nicht nur diskriminierend, weil es den Nutzerkreis eingrenzt, sondern auch, weil es Laufkundschaft aus der Innenstadt fernhält. Angebote wie „Plugsurfing“ oder „thenewmotion“ entkräften ja auch den Einwand der Verwaltungsaufwände. Und mit 22 kW Leistung zu laden ist für die meisten Elektroautos Standard und sollte es auch an den Ladesäulen sein.“ Was sich Karl am meisten wünscht ist jedoch, dass Politiker aufhören, Elektromobilität als eine Gelegenheit für die Abschöpfung von Fördermitteln und schöne Pressefotos zu begreifen; sondern viel mehr als Infrastrukturinvestition. „Bei einer Parkbank fragt auch keiner nach den Betriebs- und Anschaffungskosten, sondern die wird einfach bezahlt und aufgestellt. Ohne Pressetermin und Profilierungsrede, sondern ganz selbstverständlich. So sollte es mit Ladesäulen im öffentlichen Raum auch sein. Bei den Kitzinger Wohnmobilstellplätzen hat man es inzwischen auch verstanden.“