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Cannabis-Aktivisten finden und formieren sich

Vier Cannabis-Aktivisten finden und formieren sich um den Petenten Bernd Saam. Ihr Ziel: Entdämonisierung und Information über die Hanfpflanze und Ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten.

Die Petition an den Stadtrat wurde abgelehnt, doch damit wollen sich die vier Aktivisten nicht abfinden. Durch die Petition des Kitzingers Bernd Saam an den Stadtrat haben sie sich zusammen gefunden. Auf eine Beurteilung der Stadtratssitzung haben sie sich schnell geeinigt:

„Das war eh klar, dass es abgelehnt wird.“

Doch eines der Ziele sehen sie keineswegs als verfehlt:

„Es gibt in Kitzingen hinter vorgehaltener Hand sehr viel Unterstützung und Zuspruch für die liberale Position, Cannabis komplett zu legalisieren. Das muss mal diskutiert werden. Der runde Tisch wäre die beste Möglichkeit gewesen. Jetzt ist das Thema aber sowieso auf die Tagesordnung gekommen. Man redet in Kitzingen darüber, wenn aber auch nur hinter vorgehaltener Hand.“

Die Petition war die politische Keimzelle, wodurch die einzelnen Aktivisten erst aufeinander aufmerksam wurden. Jetzt haben sie sich gefunden.

Das Ziel eines Cannabis Social Clubs in Kitzingen vertreten alle 4 Mitglieder der Gruppierung um Bernd Saam.

„Das ist ein wunderbares Werkzeug, um Hanf und Cannabis aus der Schmuddelecke gesellschaftlicher Ächtung herauszuholen. In der Gesellschaft besteht viel Informationsbedarf.“

Hanf ist ein sehr vielseitiger Baustoff, erklärt Bernd Saam.  Er selbst war Bauleiter, bevor er in Cannada einige Jahre auf einer Hanfplantage gearbeitet hat.

„Wahrscheinlich hätte man ohne Hanf Amerika und Asien, die neue Welt, gar nicht entdecken können. Hanf wurde für Segeltücher und Hanfseile verwendet, die besonders robust waren. Die Entdeckung Amerikas wird heute immer noch als zivilisatorische Leistung gefeiert – der Beitrag des Hanf aber kollektiv vergessen. Schon der Anbau von Faserhanf gestaltet sich wegen den vielen Vorurteilen äußerst schwierig.“

Doch vom nachwachsendem Bau- und Textilrohstoff mal abgesehen, sind die Aktivisten besonders von einem anderen Einsatzfeld des Hanfs überzeugt:

„Das Betäubungsmittelgesetz ist darauf angelegt, lieber chemische, synthetische Drogencocktails mit gegebenenfalls starken Nebenwirkungen in den menschlichen Körper hineinzupumpen. Wenn man die berauschende Wirkung als Nebenwirkung einer Behandlung in Kauf nehmen würde, könnte man gerade bei Cannabis auch auf rein natürliche Wirkstoffe zu setzen.  Bei anderen pharmazeutischen Schmerzmitteln wird beispielsweise eine Einschränkung der Maschinenführungsfähigkeit selbstverständlich in Kauf genommen. Es gibt da an der Stelle ein Loch in der Logik.“

Ausführlich wird ein vom US-amerikanischen Institute of Medicine (IOM) 1999 veröffentlichter Bericht mit dem Namen „Marijuana and Medicine: Assessing the Science Base“ diskutiert. Dieser Bericht legt wissenschaftlich dar, dass der menschliche Körper mit eigenen Botenstoffen, die Cannaboiden sehr ähnlich sind, verschiedene Funktionen steuert. Daraus wird in dem Dokument gefolgert, dass eine bessere Erforschung des „körpereigenen Cannabis“ nötig sei, um neue, cannabis-basierende Arzneimittel zu entwickeln und einzuführen.

Nur zwei der vier Aktivisten trauen sich vor die Kamera - so tief steckt die Angst vor Repressionen. Die Ablehnung der Petition trifft ihr Unverständnis.
Nur zwei der vier Aktivisten trauen sich vor die Kamera – so tief steckt die Angst vor Repressionen. Die Ablehnung der Petition trifft ihr Unverständnis.

Ein anderes Mitglied der Gruppierung fürchtet bereits die Namensnennung, obwohl er vollkommen gesetzeskonform handelt:

„Ich nehme Cannabis als Medikament zu mir. Und das definitiv nicht aus Spaß: Ich habe massive Probleme mit Depressionen und die pharmazeutischen Antidepressiva haben massive Nebenwirkungen. Ich konsumiere auf Rezept ein normales, natürliches Heilmittel wie andere Eukalyptus bei Husten. Nur das ich mit meiner Naturmedizin in der Gesellschaft wie Abschaum, manchmal wie ein Junkie, behandelt werde, wenn ich damit offen umgehe.“

Diese Diskriminierung eines natürlichen Medikaments aufgrund von reinen Vorurteilen , findet der anonym bleibende Patient unerträglich.

„Sich mit Depressionen herumzuschleppen ist schon schlimm genug. Aber wenn der Wirkstoff des Medikaments, dessen Nebenwirkungen halbwegs erträglich sind, gesellschaftlich so geächtet wird, dann braucht man wirklich sehr starke Personen um sich herum, um den Heilungsprozess nicht abzubrechen und sich nicht einfach aufzugeben.“

Von einem Cannabis Social Club erhofft er sich, dass es dann einen Raum gibt, an dem es gesellschaftlich akzeptiert ist, dass er seine Medizin nimmt.

Die Gruppe um Bernd Saam diskutierte dann noch über verschiedene konkrete Schritte zur Aufklärung über Cannabis.

Anmerkung: Der Redaktion sind die Namen der 4 Aktivisten bekannt. Da das Thema sensibel ist und mit Konsequenzen für die nicht genannten Aktivisten verbunden sein könnte, werden diese hier auf eigenen Wunsch nicht namentlich genannt.