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Demnächst Livestreaming aus dem Kitzinger Stadtrat?

Der ödp-Stadtrat Pauluhn hat zum Haushalt einen bemerkenswerten Antrag eingereicht: Er will, dass im Haushalt Mittel für das Livestreaming der Stadtratssitzungen eingestellt werden (2013-11-06_Livestream-Antrag.pdf). In der Antragsbegründung verweist der Antragssteller unter anderem auf die erfolgreiche Umsetzung des Streamings in dem oberbayerischem Pfaffenhofen, welches zwischen Dachau und Ingolstadt liegt. Hier werden seit letztem Jahr die Sitzungen der Stadträte aufgezeichnet und live in das Internet übertragen.

Im Kitzinger Leitbild heißt es folgenderweise:

Die Stadtverwaltung und ihre Servicekultur

Die Stadtverwaltung hat eine Dienstleistungsfunktion und pflegt eine entsprechende Servicekultur. Sie unterstützt ihre Bürgerinnen und Bürger in ihren Anliegen ebenso wie ansiedlungswillige und einheimische Unternehmen.

Zu einer „Unterstützung der Anliegen der Bürger“ gehört es in Ermangelung einer diversifizierten Presselandschaft um so mehr, dass Bürger sich unabhängig über die Stadtratssitzungen informieren können. Denn nur wenn Bürger wissen, was dort gerade besprochen wird, können Sie als politisch mündige Menschen ihren gewählten Vertretern Feedback zu ihren Entscheidungen geben. Das Livestreaming dürfte also mehr als nur eine Verbesserung des Informationsangebots sein, es stärkt die Demokratie und schwächt das Desinteresse an Politik in Kitzingen. Auch Schichtarbeiter, Handelsreisende oder eben solche, die zwar noch mündig aber nicht mehr uneingeschränkt mobil sind, können dann wieder an dem politischen Leben Kitzingens teilhaben.

Ob der Rest des Stadtrates die Umsetzung der im Kitzinger Leitbild verankerten Bürgerfreundlichkeit am Ende mittragen wird, ist indes jedoch fraglich. Denn in der Vergangenheit war es bei Aufzeichnungen der Presse bereits zu einem Eklat gekommen, so dass in der Geschäftsordnung des Stadtrates geregelt ist, dass Video- und Tonbandaufnahmen, die nicht für das Protokoll verwendet werden, nur mit der Zustimmung der Sitzungsleitung gefertigt werden dürften. Eine komplette Umkehr aus dieser aus Angst getroffenen Absage an das Bürgerinteresse dürfte demnach ein harter Kampf mit vielen falschen Argumenten werden:

Am Tegernsee argumentierten die Stadträte beispielsweise, dass sie ein Recht auf Privatsphäre hätten. Damit veralberte sich der Tegernseer Stadtrat sogar im Bayerischen Fernsehen – es war ein gefundenes Fressen für das Satiremagazin „quer“. Rein juristisch betrachtet, ist ein Stadtrat im Zuge der kommunalpolitischen Berichterstattung eine „Person von öffentlichem Interesse“. Das bedeutet, dass eine Berichterstattung über die Person im Zusammenhang mit der von ihr ausgeübten Ämter vollkommen legitim ist. Kampfbegriffe wie „Privatsphäre“ oder „Datenschutz“ in dieser Debatte um Livestreaming aus dem Stadtrat anzuführen dürfte folglich die größte Sebstveralberung mit sich bringen: Wer diese Argumente verwendet, der zeigt doch nur, dass er selbst die Begriffe noch nicht verstanden hat und ein Dinosaurier des letzten Jahrtausends geblieben ist!

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