Skip to content Skip to footer

Erdbeben, Tsunami, Kernschmelze – Fukushima

 

Erinnern Sie sich an den 11. März 2011? Wissen Sie noch, was Sie an diesem Freitagmorgen um 6:46 Uhr gemacht haben?

In Japan war es 14:46 Uhr. Nach einem Erdbeben der Magnitude 9,0 (9,0 Mw) vor der Ostküste der Insel Honshū rollte ca. 45 Minuten später eine 14-Meter hohe Tsunamiwelle über die 5,7-Meter hohen Schutzmauern des AKW Fukushima hinweg. Die Reaktorblöcke 1 bis 4 wurden bis zu 5 Meter tief überschwemmt. Meerwasserpumpen wurden zerstört und die Wärme konnte nicht mehr an das Meerwasser abgegeben werden. Die Notstrom-Dieselgeneratoren, die sich nach dem Erdbeben eingeschaltet hatten, fielen laut Aussagen der Tokyo Electric Power Company (Tepco) gegen 15:41 Uhr Ortszeit aus. Durch den Ausfall der Stromversorgung konnte eine ausreichende Kühlung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Mangels Kühlung kam es letztlich zu Kernschmelzen in den Reaktoren 1 bis 3, was dann durch eine gezielte Druckentlastung der Reaktoren zur massiven Freigabe von radioaktiven Stoffen an die Umwelt führte. In den Folgetagen ereigneten sich mehrfach Explosionen im Kraftwerk. Reaktorgebäude wurden beschädigt, radioaktiver Schutt verteilte sich über das Gelände des Kraftwerks. Der Sicherheitsbehälter eines Reaktors wurde beschädigt – es trat hochkontaminiertes Wasser aus.

Evakuierung im 20-km-Radius?

Die Evakuierungszone für Anwohner, die am 11. März 2011 um 21:00 Uhr zunächst 3 km betrug, wurde am 12. März auf einen Radius von 20 km ausgedehnt. Zwei Wochen später wurde allen in einem Radius von 20 bis 30 km um das Kernkraftwerk eine freiwillige Evakuierung vorgeschlagen. Die ca. 150.000 evakuierten Menschen werden auch in Zukunft nicht an ihre ursprünglichen Wohnorte zurückkehren können, wie die japanische Regierung im November 2013 eingestehen musste.

Am 25. März 2011 wurde bekannt, dass zwei japanische Bürger aus Nagano und Saitama (beide Wohnorte zwischen 200 und 350 km von Fukushima entfernt) bei ihrer Ankunft im chinesischen Wuxi wegen überhöhter Verstrahlung ins Krankenhaus gebracht wurden. Ihre Kleidung und ihr Gepäck wurden in China zerstört. In Tokio, 250 km von Fukushima, überschritt die Belastung des Leitungswassers vorübergehend die 131I-Grenzwerte für Kleinkinder. Spuren des aus dem japanischen AKW ausgetretenen radioaktiven Iods (Isotop 131I) erreichten unter anderem Schweden, die USA und Deutschland.

Unter Kontrolle?

Im August 2011 dauerten die Emissionen von radioaktivem Cäsium (Isotope 134Cs und 137Cs) an. Im Umkreis von 45 km um Fukushima wurde auch Plutonium gefunden. Im Juni 2013 gab Tepco zu, dass sich in Wasser nahe dem Reaktor 2 Strontium 90 und Tritium befinde. Im Juli 2013 räumte Tepco ein, dass seit nunmehr zwei Jahren radioaktiv verseuchtes Wasser in Boden und den pazifischen Ozean fließe (zum damaligen Zeitpunkt ca. 300 Tonnen täglich). Im Februar 2014 wurde bekannt, dass Tepco monatelang von überhöhten und gefährlichen Strontium-Werten im Grundwasser wusste, aber damit nicht an die Öffentlichkeit trat.

Super-GAU

Auf der INES-Skala (International Nuclear Event Scale, Internationale Bewertungsskala für nukleare Ereignisse) wurde der Unfall in Fukushima letzten Endes als Stufe 7 eingeordnet. Stufe 7 bezeichnet einen katastrophalen Unfall, einen Super-GAU, und stellt Fukushima damit auf eine Stufe mit dem Reaktor-Unfall von Tschernobyl im Jahre 1986.

Globale Reaktionen auf Fukushima oder: Haben wir etwas aus der Atomkatastrophe gelernt?

Nach der im Oktober 2010 beschlossenen Laufzeitverlängerung für AKWs in Deutschland, änderte die Regierung Merkel nach der Katastrophe von Fukushima ihre Atompolitik und beschloss im März 2011 ein 3-monatiges Moratorium für die sieben ältesten Atomkraftwerke im Land und das Kernkraftwerk Krümmel. Bis 2022 sollen die neun Kernkraftwerke, die noch am Netz sind, heruntergefahren werden.

In der Schweiz sollen keine neuen Kernreaktoren mehr genehmigt werden und die laufenden Reaktoren sollen nach Ende ihrer Laufzeit abgeschaltet werden, womit der Atomausstieg in der Schweiz bis 2034 vollzogen sein soll.

Belgien möchte den Atomausstieg wie geplant ab 2015 umsetzen. Alle im Land befindlichen AKWs sollen bis 2025 geschlossen sein.

Die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich (und weitere Länder) halten an ihren Plänen fest, neue Reaktoren und Kernkraftwerke zu planen, bauen bzw. fertigzustellen.

Japan selbst veranlasste zunächst die Sicherheits-Überprüfung und Abschaltung aller bzw. fast aller der 54 Atomkraftwerke im Land. Im März 2012 befand sich nur noch ein Reaktor, Tomari 3, am Netz, der im Mai 2012 heruntergefahren wurde. Im Juni 2012 wurde das Kernkraftwerk Ōi unter Massenprotesten der Bevölkerung wieder ans Netz genommen, weil sonst, so die Aussage des damaligen Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda, Stromknappheit drohe. Das Versprechen von Naoto Kan, Vorgänger Nodas, der im Juli 2011 äußerte, Japan werde aus der Atomenergie aussteigen, wurde mittlerweile von der Regierung verworfen. Der jetzige Ministerpräsident Shinzō Abe, ein Atomkraftbefürworter, schließt sogar nicht aus, dass der Atomkraftanteil an der Energieversorgung erhöht wird.

Zum Schluss eine Empfehlung der Redaktion: Wenn Sie 45 Minuten übrig haben, sehen Sie sich Die Fukushima-Lüge auf ZDF Info an.