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Sternenpark – Lichtschutzgebiete als Chance

Seit etwa einem Jahrhundert sind Glühlampen und elektrische Beleuchtung in Europa in Gebrauch.
Erstmals im zweiten Weltkrieg wurde das helle nächtliche Leuchten als „Gefahr“ erkannt: Als
Quelle möglicher Entdeckung durch feindliche Bomber. Bei OSRAM wurde erstmals eine
Beleuchtungslösung für das Problem entworfen – die „Luftschutzlampe“ eine weitgehend
geschwärzte Glühbirne, die nur einen kleinen, ausreichenden Lichtkegel dahin wirft, wo das Licht
benötigt wird.

Diese Lösung wurde zwischenzeitlich vergessen, aber das Problem kam in veränderter Form zurück.
40 Jahre später, in den 1980ern, bemerkten Astronomen als Erste ein zunehmendes
Problem in ihren Sternwarten, auf das sie keinen direkten Einfluß nehmen konnten. Die heller
werdende Beleuchtung der Städte verursachte durch Streuungseffekte an Nebelschleiern und
Feinstäuben eine Aufhellung der Atmosphäre, die die Qualität ihrer Bilder beeinträchtigte. Um
wissenschaftlich arbeiten zu können, wurden zukünftige Großwarten gleich in entlegene Gebiete
geplant, wo nicht damit zu rechnen war, daß menschliche Faktoren die Aufnahmen stören würden.
Die gestiegenen Kosten wurden von den Politikern hingenommen, und aus dem einstigen
Mitmachhobby Astronomie wurde, in den Planetarien, ein Unterhaltungsmedium, doch auch von
diesen gibt es mangelnden Interesses wegen zwischenzeitlich nur noch wenige.

Die Ursache, die nicht angegangen wurde, verstärkte sich weiter. Niemand wollte den Menschen ihr
Recht auf Licht und Beleuchtung, wann immer sie es sich leisten können, nehmen. Städte und
Firmen wollten mit nächtlicher Beleuchtung auf ihre fulminanten Leistungen aufmerksam machen.
Vor allem in den Großstädten jedoch nahm die Qualität des Schlafes der Menschen im selben Maß
ab. Heutzutage leidet schon jeder sechste Deutsche an Schlafstörungen. Sicher sind die Ursachen für
Schlafstörungen vielfältig, doch unter den zugezogenen Schlafstörungen gilt ein zu helles
Schlafambiente als großer Störfaktor; und Schlafstörungen werden bei Folgeerkrankungen wie
„BurnOutSyndrom“ und Bluthochdruck mit zu den Ursachen gezählt. Schon geringe Helligkeit
reduziert nachts die Bildung des Schlafhormones Melatonin.

Drastischer trifft das Problem des Nachtglühens der Atmosphäre allerdings inzwischen die Tier-und
Pflanzenwelt. In den urbanen Wohngebieten der Städte gibt es kaum noch Vorkommen eines
Insektes, das auf nächtliche Dunkelheit zur Fortpflanzung angewiesen ist: das Glühwürmchen. Nur
in entlegenen Gebieten, hügeliger Landschaft, wo nicht überall der Schein nächtlicher Lampen
hinfällt und das Lichtband am Horizont kleiner erscheint, gibt es noch ausreichend große
Populationen.
Falter und Schwärmer gehen im Umfeld dauerbeleuchteter Objekte zu Tausenden zugrunde.
Auch deswegen gehören die Fledermäuse zu den Verlierern. Sie büßen aber nicht nur ihren
evolutionären Vorteil ein, wenn die Nacht zu hell ist. Mit ihren Augen spüren sie Wasserstellen auf.
Doch nächtliche, beleuchtete Fensterscheiben, wie sie in Dachfenstern oder Treibhäusern verwendet
werden, lenken die Tiere zu falschen Zielen und gefährden so ihre Gesundheit.

Und sogar Pflanzen haben mit Licht zur falschen Zeit ein Problem. Biologen haben festgestellt, daß
Bäume, die im Schein von Straßenlampen aufwuchsen, oft kleiner und verkrüppelter als
unbeschienene Vergleichsbäume sind. Die Ursache wurde klar, als der chronologische Jahresablauf
der Bäume verglichen wurde. Künstlich beleuchtete Bäume treiben durchschnittlich eine Woche
früher aus als ausschließlich besonnte Bäume. Was wie eigentlich gut klingt, wird durch
Frostbiss an den jungen Trieben der Bäume aber wieder zunichte gemacht, und der Schaden
überwiegt den Vorteil.

Vor zwei Jahren hat die Regierung erstmals unter Leitung des Leibnitz-Institutes Berlin ein mit 3,5
Millionen Euro mitfinanziertes Forschungsprojekt zur Feststellung aller negativen Auswirkungen
des Ablichtproblems angeschoben. Es soll auch – in Zusammenarbeit mit technischen Universitäten
und Umweltforschungsinstituten – Maßnahmen untersuchen, die geeignet sind, das Zunehmen der
Lichtverschmutzung zu stoppen. Endergebnisse stehen noch aus, Zwischenberichte sind drängend.
Der Name des Forschungsprojekts lautet „Verlust der Nacht“.

Der Weg zum Ziel   Mitleid – Gewissenhaftigkeit – Gesundheit – Genuß

„Der dunkle Nachthimmel ist ein schützenswertes Natur-und Kulturgut der ganzen Menschheit“, ist
man sich unter Astronomen und Umweltschützern einig. Die Auswirkungen des „Verlusts der
Nacht“ sollten dieses Gut und seine Schutzwürdigkeit und -nötigkeit in Erinnerung bringen. Denn:
Würde man die für Beleuchtung mit herkömmlichen Lampen verwendete Energie zukünftig für
LED-Lampen verwenden, würde jede Nacht noch 20mal heller strahlen als heute. Dann wäre auch
auf dem Land das Niveau der Beleuchtung wie man es heute aus den Großstädten kennt, erreicht.
Die Folge wäre auch ein Potenzieren der Auswirkungen auf Mensch und Natur.

Es geht beim Einrichten eines Sternenparkes nicht darum, das benötigte Licht nachts
ganz abzuschalten. Verdunkelung war nur im Krieg nötig. Stattdessen will man nur so wenig Licht
einsetzen, wie nötig, ohne die Atmosphäre mit viel Ablicht zu belasten. Das menschliche Auge
bietet mit seiner Anpassungsfähigkeit an dämmrige Verhältnisse genug Spielraum, ausreichendes
Sicherheitsbedürfnis, Energieersparnis und Umweltschutz unter einen Hut zu bringen.
Gerade die LED-Technik bietet einen modernen Lösungsansatz, wenn man sie
gewissenhaft einsetzt. Dioden setzen Energie nicht nur effizienter in Licht um, sondern lassen sich
auch erheblich öfter an-und ausschalten, öfter als alle anderen derzeitig verwendeten Leuchtmittel.
Dadurch wird der Einsatz von Bewegungsmeldern und Zeitschaltuhren bei der Beleuchtung von
öffentlichen Plätzen, Firmengeländen und privaten Aussenbeleuchtungen interessant. Ein weiterer
positiver Aspekt ist, daß man bei LED-Lampen das Spektrum des Lichts, also die konkrete
Wellenlänge, sehr genau festlegen kann. Wieviel Licht von jedem Objekt reflektiert wird, hängt
präzise davon ab. Die langwelligeren, rötlichen Lichtdioden als Leuchtmittel wären die richtige
Wahl, weil sie ein niedrigeres Energie-und damit Resonanzniveau haben. So können auch innerhalb
des Sternenparks Menschen leben, ohne auf Licht im Dunkeln verzichten zu müssen, wenn sie
wollen.

Leider genügt es nicht, einfach einen Sternenpark auszuweisen. Das Licht um den
Sternenpark herum dringt natürlich trotzdem herein. Starke Lichtquellen, wie die von Flugplätzen,
strahlen bis zu 25 Kilometer in die Landschaft. Deswegen benötigt ein Sternenpark eine Pufferzone.
Innerhalb dieser müssen Vereinbarungen mit den auf Starklicht angewiesenen Firmen angestrebt
werden. Oftmals ist dies im Sinne der Firmen: Denn wo nur so viel beleuchtet wird, wie benötigt,
lässt sich auch Kostenersparnis erzielen. Wo Licht aus Sicherheit-und Arbeitsrecht gefordert wird,
lässt sich sein Einsatz vielleicht zeitlich so anlegen, daß immer noch ein zeitliches Kernfenster
Dunkelheit bleibt, um im Innengebiet des Sternenparks den Einfluß zu begrenzen.

Wenn einmal deutlich wird, daß Leben im Lichtschutzgebiet sowohl dem Menschen als auch der Natur guttut -das wird sich bald im ersten deutschen,im Februar 2014 von der „International Dark-Sky Association“ anerkannten, S t e r n e n p a r k im H a v e l l a n d in Brandenburg überprüfen lassen-  werden sich positive Folgen ausweiten. Es steht zu hoffen, daß im Gebiet niedrigere Gesundheitskosten anfallen werden, und vielleicht werden von Schlafstörungen geplagte Menschen den Zuzug in so ein Gebiet erwägen. Zuzug ist in Zeiten des demographischen Wandels ein erwünschtes Phänomen, gerade im ländlichen Raum.

Sicher ist, daß man Sternenhimmel und Natur in einem Sternenpark am Nächsten kommt. Schon
heute sind die europäischen DarkSkyGebiete, ob in Ungarn oder in Schottland, ein Anreiz für
Touristen, dort haltzumachen. Nachweislich haben diese den Beruf des „Nachtführers“, eines
Ortskundigen der professionell Nachtwanderungen anleitet, erst möglich gemacht. Hotels und
Gaststätten können um eine zusätzliche Zielgruppe werben, und die von zunehmenden Lichtglocken
umhüllten Menschen der Ballungsgebiete werden beginnen zu verstehen, was sie sich bisher
entgehen ließen. Was hoffentlich dazu führt, auch in ihnen ein Gefühl für Licht-und Energieersparnis wachzurufen.

Unter freiem Sternenzelt  Investition, Profit, Reinvestition

Welcher Aufwand wäre mit dem Einrichten eines Sternenparkes verbunden? Welche Schritte sind
dazu nötig, und womit lassen sich eventuelle Kosten reduzieren?
Sobald das Verständnis für die Problematik, aber auch die möglichen positiven Konsequenzen eines
Sternenparks da ist, kann man beginnen die rechtliche Rahmenbedingungen dafür festzulegen. Die
Beleuchtungsrichtlinie Westhavelland, die die Stadt Rhinow mit ihren Nachbargemeinden für ihren
Sternenpark erlassen hat, steht zur Orientierung zur Verfügung. Doch würde die spontane
Übertragung auf ein noch zu definierendes Kern-und Puffergebiet sicher Schwierigkeiten mit der
Bevölkerung und Firmen aufwerfen, die sofortigen Investitionen in verbesserte Aussenbeleuchtungen abweisend gegenüber stehen würden. Eine Abwandlung der Richtlinie mit ausreichenden Übergangsfristen, die vor allem darauf hinwirken soll, zukünftig anzuschaffende Ersatzaussenlichter mit Sternenparkgeeigneten Lampen zu ersetzen, wäre fairer und führte auf längere Sicht trotzdem zum Erreichen der Ziele. Mittels Lumenmetern, wie dem SQML, das zum Beispiel eine kanadische Firma zum Preis von umgerechnet etwa 100 € anbietet, kann man feststellen, wo die Sterne des Nachts am schönsten
scheinen.

Die sogenannte „BortleSkala“ hilft Astronomen bei ihren Beobachtungen, die Qualität des
Himmmels zu vereinheitlichen, indem nach standardisierten immer leuchtenden Objekten am
Himmel Ausschau gehalten wird. Noch vor wenigen Jahren war der südliche Landkreis Kitzingen
danach als „typisch dunkler Beobachtungsplatz“ geeignet. Inzwischen sind wir jedoch auf
„ländlicher Nachthimmel“ abgerutscht – das ist immernoch die drittbeste von neun Stufen. Doch in
Tälern und Waldschneisen, wo horizontale Einflüsse abgeblockt werden, kann man noch immer
hervorragend den Nachthimmel bewundern, mit mehr als 5.000 Sternen anstatt der urban üblichen 300.
Es wäre sinnvoll, Freiwillige und, da es sich ja auch um eine Naturschutzangelegenheit handelt,
Naturschutzwächter des Landkreises auf die Suche und Klassifizierung schöner Nachthimmelbeobachtungsflecken zu schicken. Die Ergebnisse sollten in eine Karte eines auszuweisenden Kerngebietes, das nach der Übergangsperiode dann voll unter dem Schutz der Beleuchtungsrichtlinie stehen sollte, zusammengefasst werden. Dann sollten Verhandlungen mit Firmen, Städten und Gemeinden darin und in der umliegenden Pufferzone begonnen werden.
Ausnahmegenehmigungen und Kernzeitenregelungen, oder erweiterte Übergangsregelungen sollten
mit allen möglichen Firmen getroffen werden, die rechtliche Probleme mit der Umsetzung der
Richtlinie hätten. Im Einverstädnis sollte die Richtlinie dann zeitnah von den Beteiligten Städten
und Gemeinden erlassen werden.

Die „International Dark Sky Association“ kennt drei verschiedene Arten, Lichtschutzgebiete
anzuerkennen. Die niedrigste Stufe ist die „Dark Sky Community“ eine Lichtschutzgemeinde.
Dort werden die Bemühungen der Gemeinden, Lichtschutz herzustellen, und deren noch immer
geeignete Nachthimmel, anerkannt, deren Pufferzonen aber zu klein für einen perfekten
Nachthimmel sind. Lumenmeter sollten darin einen Dunkelheitswert von über 20 anzeigen.
Die bessere Kategorie, der auch das Havelland Brandenburg angehört, hat die Bezeichnung „Dark
Sky reserve in silver“, also mit Silber ausgezeichnetes Nachtrückzugsgebiet. Dort sind horizontale
Einflüsse gering, und es gibt keine störenden Lichterzeuger innerhalb des Sternenparks mehr.
Lumenmeter sollten dort Orte von Dunkelheit bis zum Wert 21 vorfinden können.
Die finale Kategorie, die zum Beispiel im ersten europäischen DarkSkyPark in Schottland,
Galloway Forest zu finden ist, beherbergt dann tatsächlich von künstlichem Licht ungetrübte
Nachthimmel. Er wurde im Jahr 2009 anerkannt. NachthimmelPark darf sich nur nennen, wer
mindestens Dunkelheit mit den Werten 21.75 aufweisen kann.

Die Investition ist die Umsetzung einer Beleuchtungsrichtlinie und in der Erreichung der
Anerkennung durch die International DarkSky Association. Der erste Profit wäre Anerkennung und
Bekanntheit, sowie Ersparnisse in den Ausgaben für Beleuchtung. Die erste Reinvestition wäre
Bewerbung des Parks. Neuer Profit entsteht mit Ansteigen des Tourismus und durch Ersparnisse im
gesundheitlichen Sektor. Die nächste Reinvestition könnte in Renaturierungsmaßnahmen fließen,
die zusätzlich die Qualität des Lichtschutzgebietes verbessern, wodurch vielleicht eine bessere
Klasse erreicht werden kann. Baumreihen auf Hügeln wären geeignet noch mehr Ablicht vom Horizont zu blockieren, und zusätzliche Vogel-, Gewässer-und Naturschutzgebiete könnten die
Attraktivität der Landschaft noch weiter steigern, und gleichzeitig gegenseitig ihre Effizienz
erhöhen. Verbesserte Lebensqualität würde durch ein Ansteigen der Miet-und Immobilienspiegel
honoriert, weitere Einsparungen im gesundheitssektor könnten als neuer Profit folgen.
Alles was es braucht ist ein bisschen Mitleid und Gewissenhaftigkeit, für spätere Gesundheit und
Genuß.

Quellen:
http://www.darksky.org
www.wikipedia.org https://de.wikipedia.o → rg/wiki/Circadiane_Rhythmik
http://www.sterneundweltraum.de
http://scienceblogs.de/
http://vimeo.com/35503462
http://www.rhinow.de/texte/seite.php?id=181237

Geschrieben und recherchiert von:
Christian Müller, Tiefenstockheim
(C.h.r.i.s.t.i.a.n-M.u.e.l.l.e.r@gmx.net)

Christian Müller engagiert sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich für den Umweltschutz im Landkreis, zuletzt bei einer Baumpflanzaktion des Landschaftspflegeverbandes. Er fordert die Erhaltung des Biotops im Steinbruch Dettelbach; ein Ende der Überdüngung heimischer Ackerflächen, die Bäche mit Nitrat übersättigt, nachhaltige Energiewende, Aufforstung, Ausweisung weiterer Naturschutzgebiete und Ende des Cannabisverbotes aus Umweltschutz- und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der gelernte Industriekaufmann und Gebäudereiniger ist auch als ehrenamtlicher Schiedsrichter für Magic: the Gathering-Turniere bekannt und steht auf Heavy Metal und Alternative.