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Stadtrat lehnt Veranstaltungshalle im Innopark und conneKT ab

Der Kitzinger Stadtrat verabschiedete den Antrag, sich von den beiden PPP-Modellen für eine Veranstaltungshalle im innopark und bei conneKT zu trennen und nur mehr eine Sport-/Mehrzweckhalle am Deustergelände zu verfolgen.

Am vergangenen Donnerstag war auch die Stadthalle mal wieder auf der Tagesordnung. Doch anstatt eine offene Diskussion zuzulassen, stieg der OB Müller – selbst ein bekennender Verfechter der Deuster-Mehrzweckhalle – sofort in die Fragerunde ein. Dementsprechend mussten die Stadträte ihre Diskussion in Fragen verpacken.

Frau Gloß (SPD) musste dazu nicht lange überlegen und fragte, ob denn überhaupt bislang eine Grundsatzentscheidung getroffen wurde (Antwort OB Müller: nein). Danach fragte sie, ob es denn nach der Vorstellung im Stadtrat weitere Gespräche mit dem innopark oder conneKT gegeben habe (Antwort Müller: nein). Auch bei den Fragen zur Kostenkalkulation musste der OB Müller sichtbar unangenehme Antworten geben, die er in der Folge an seinen Kämmerer delegierte. Dieser durfte dann aber offen und breit seine Meinungen vertreten und wich weit von den Fragen ab: PPP-Projekte würden generell kritisch gesehen. Man solle doch nur einfach einmal im Internet nach „PPP“ suchen. Für ihn scheiden die vorgeschlagenen PPP-Modelle aus, denn hier könne er den Kosten kein Eigentum mehr gegenüberstellen. Generell sei das Projekt Turn-/Mehrzweck-/Stadthalle nur mit einer hohen Kreditaufnahme und vielen anderen Einschnitten zu realisieren.

Herr Pauluhn verstand es ebenfalls, auf die in die Sitzungsleitung durch den OB eingeflossene „Mehrzweckhallen-Durchpeitsch-Strategie“ mit interessanten Fragestellungen einzugehen. Die niedergeschriebenen Kosten von 5,5 Mio. Euro Netto entlarvte er als Schreibfehler. Und auf Nachfrage, ob die Schule denn in die Planungen der Deusterhalle einbezogen werde, wurde nur bestätigt, dass die Schulleitung an den üblichen Sitzungen teilgenommen habe und sich mehr Schulsport in der Nähe der Schule wünsche. Damit wurde nicht gesagt, dass die Schulleitung darüber hinaus besonders in die Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse ihrer neuen Turnhalle eigebunden würde. Danach stellte Herr Pauluhn eine Rechnung auf, nur um zu fragen, ob er damit richtig liegen würde:

„Die Differenz zwischen Zweifeld-Turnhalle und Mehrzweckhalle beträgt 3,2 Mio. Euro. Aufgrund der Lärmschutzuntersuchungen wissen wir, dass maximal zehn Veranstaltungen pro Jahr länger als 22 Uhr dauern dürfen. Und alle großen Veranstaltungen, die wir nicht in der Synagoge abdecken können, dauern länger als 22 Uhr. Mit einer Abschreibung auf 20 Jahre bis zur Generalsanierung kostet uns also jede Veranstaltung 3,2 Mio Euro geteilt durch 20 Jahre geteilt durch zehn Veranstaltungen – also 16.000 €. Wenn man die bezifferten Betriebskostendifferenzen dazurechnet, kommt man auf 38.000 € pro Veranstaltung. Liege ich damit richtig?“

Der Mehrzweckhallen-befürwortende OB Müller dementierte die Richtigkeit dieser Annahmen. Er fand aber keinen richtigen mathematischen Ansatz, die Zahlen zu widerlegen.

Danach wurden die Meinungen der Referenten abgefragt – betroffen war hier nur der Stadtentwicklungsreferent. Dieser formulierte vorsichtig, dass eine Turnhalle am Deuster schon mal eine gute Lösung sei. Aber für die Veranstaltungshallen solle man sich doch bitte noch nicht festlegen, da es bis jetzt keine ausreichend evaluierten Standorte gäbe.

Die Statements der einzelnen Parteien fielen unterschiedlich aus:

Für die SPD sprach Dr. Endres-Paul auf jeden Fall von einem Bedarf der Zweifeld-Turnhalle für den Unterricht. Auch ein prinzipieller Bedarf für die Veranstaltungshalle sei gegeben. Aber es gäbe keine richtigen Lärmgutachten – und im Fall vom Deuster seien die zu erhaltenden Keller ein Problem. Viele der genannten Kosten seien nicht richtig angegeben und unter der Woche müssen mehr Veranstaltungen am Abend möglich sein. Das städtische Hauptamt dürfe man auch mit einer Mehrzweckhalle nicht zum Eventmanager umfunktionieren. Und bei den laufenden Kosten sehe er noch viele Lücken in der Berechnung. Außerdem komme eine jahrzehntelange Bauzeit auf Kitzingen zu. Deswegen sollte man nur eine Zweifeld-Sporthalle bauen.

Die USW-Fraktion mokierte sich vor allem über die Rhetorik anderer Fraktionen und die Schaufensterreden. Der Moderations-Fehler des OBs, der dies erst nötig machte, blieb unerwähnt.

Frau Wallrapp wiederholte für die Freien Wähler einige Ausführungen. Sie sprach sich für eine reine Zweifeld-Turnhalle aus, in der auch Sportvereine eine Mitnutzung ermöglicht bekämen. Die Mehrzweckhalle habe ihrer Ansicht nach viel zu große Probleme. Danach rief sie dem Kämmerer ins Gewissen, dass Eigentum in seinen Bilanzen auch eine deutlichere Verpflichtung darstelle. Ein PPP-Engagement könne man einstellen; eine eigene Veranstaltungshalle werde man aber nicht mehr los. Schon gar nicht mit solch hohen „Ungereimtheiten“ in der bisherigen Planung der Verwaltung, in der „fast jede Summe geschönt sei“. Außerdem gebe es Nutzungsprobleme mit dem Schulsport: Wenn abends eine Großveranstaltung für 500 Leute stattfinde, wer glaube denn, dass dann am Folgetag schon alles abgebaut sei und der Schulsport ab der ersten Stunde stattfinden könne?

Für die KIK redete der erste Bürgermeister Christof:

„Kitzingen ist 1260 Jahre ohne eine Mehrzweckhalle ausgekommen. Und solange wir so solvent sind, wird das auch so bleiben.“

Die aktuellen Bemühungen des Oberbürgermeisters hätten keine „konstruktive Zielrichtung“ und man müsse nicht nur Mehrheiten im Stadtrat finden, sondern man solle einen Konsens suchen. Danach wurde Christof hinsichtlich des Moderations-Fauls seitens des OB noch deutlicher:

„Wenn man einen Konsens sucht, hätte man Diskussionen zugelassen. Das Prozedere Fraktionen abfragen und sofort abstimmen führt auf jeden Fall nicht zum Konsens.“

Die auf diesem Weg versuchte Durchsetzung der Mehrzweckhalle hielt Christof für einen der Auslöser, weshalb sein Vertrauen in die Verwaltung auf dem absoluten Nullpunkt angekommen sei. Die Verwaltung habe den Bedarf nie kritisch hinterfragt. Und die Verwaltung habe sich seit Anfang an auf nur eine Variante festgelegt. Es gab keine Nachbarbefragungen. Es wurde keine Bürgerbeteiligung angestrebt. Bei 20 Mio. Euro Verschuldung könne man mal die Leute fragen, was sie wollen. Die Kitzinger seien nicht dumm.

Herr Schmidt (UKP) nannte die Mehrzweckhalle die „wirtschaftlichste Lösung“. Er nannte das von dem innopark-Geschäftsführer Bernhard Beck vorgelegte PPP-Konzept mit 48 städtischen Veranstaltungen pro Jahr „absolut weltfremd“. Es brauche dringend einen Ersatz für die marode Turnhalle – und er schäme sich für die „Minimalisten“ in diesem Gremium.

Herr Pauluhn bekräftigte in seinem Statement noch einmal die Richtigkeit der 38.000 € pro Veranstaltung. Dagegen koste jede Veranstaltung im innopark bzw. bei conneKT nur 6000 € bzw. 8000 € nach den vorgelegten PPP-Modellen. Außerdem müssten die anderen Hallen der Stadt auch weiter gepflegt werden. Deswegen sollte man heute nur eine Zweifeld-Halle beschließen – und den ganzen Rest mit Veranstaltungen etc… ganz entspannt angehen.

Herr Böhm (proKT) resümierte, dass seit 36 Jahren nichts passiert sei. Und dieses Gremium hätte Pflicht- und Küraufgaben. Zu den Pflichtaufgaben gehöre es, den Schulsport wieder schulnah anzubieten. Zu den Küraufgaben gehöre es, große Veranstaltungen durchführen zu können. Und die Mehrzweckhalle biete es an, beides in einem Schlag zu erledigen.

Es wurde letztendlich 14:13 beschlossen, dass weder die Veranstaltungshallen im innopark noch bei conneKT weiterverfolgt werden. Und es wurde 17:10 angenommen, dass der OB eine Entscheidung für das weitere Vorgehen bezüglich Turn-/Mehrzweckhalle zur Abstimmung bringen soll.

Lesenswertes zum Thema PPP (Public Private Partnership bzw. Staatliche Kooperationen mit Privaten)

http://www.avocado.de/fileadmin/avocado-law.de/newsletter-pdf-quark/2011/Vergaberecht.pdf